Sonntag, 6. Februar 2011

Gelungener Auftakt und doch viel Frust....

Endlich ging es auch für YB nach der Winterpause wieder los. Es wartete der Gang ins Tessin zur AC Bellinzona bei der man in der Hinrunde verloren hatte und zu Hause nicht über ein Unentschieden hinaus gekommen war. Also sicher keine leichte Aufgabe für Gelb-Schwarz zumal ein Sieg aufgrund des Rückstandes auf den FCB, FCZ und FCL schlicht Pflicht war.

Die Hinfahrt gestaltete sich schon mal weniger entspannt als auch schon. Wir hatten uns mit unserer Einschätzung der Mitfahrenden leicht vertan und statt der 400 die Platz gehabt hätten waren es wohl an die 500 Leute die mitfuhren was doch für einige Stehplätze sorgte. Samstag Abend und weite Anreise bedeutet auch zwangsläufig viel Alkohol, aber zumindest bis zum Schluss des Spiels hielten sich die Ausfälle eigentlich in Grenzen. Staunen kann ich immer wieder über die Ignoranz von Teilen die bei uns so mitfahren. Wie kann es eigentlich sein, dass man kaum 5 Minuten nach dem Flyer mit der Auswärtsfahren-Regelung verteilt wurden, eine Mitreisende darauf aufmerksam machen muss dass im Familienwagen an der Spitze des Zuges nicht geraucht wird?

Im Tessin erwartete uns Frühlingshaftes Wetter und der Gang vom Bahnhof zum Stadion bei gut und gerne 15 Grad kam einem Spaziergang an einem Frühlingsabend gleich, wobei einzig das Grossaufgebot an Polizei diese Phantasie zunichte machte :-)
Vor dem Stadion einmal mehr vier verrückte Darmstädter getroffen und denen noch Tickets fürs Spiel besorgt. Ist wohl das Mindesten wenn vier Leute 1800 Kilometer zurücklegen für 90 Minuten Schweizer Fussball.
Vor dem Stadion noch eine sehr leckere "Luganighetta" gegessen, scheinbar eine Tessiner-Bratwurstspezialität. War zwar teuer aber schmeckte gut. Im Block drin wie immer etwas an den Rand gestellt weil man in dem Scheiss Gästeblock auch ohne wehende Fahnen im Blockfeld eher wenig sieht. Die doch etwas überraschende Aufstellung bekam man aber zum Glück mit. Vor Goalie Wölfli reihte sich eine Dreier-Abwehr mit Affolter, Dudar und Nef auf, im Vierer-Mittelfeld besetzten Costanzo und Doubai die Zentrale und Spycher (links) und Sutter (rechts) besetzten die Couloirs. Im Dreier-Sturm überraschte Petkovic mit der Nomination von Mario Raimondi auf links. Bienvenu in der mitte und Lulic rechts durfte man erwarten. Neuzugang Farnerud (Oder Fahrni Rüedu wie einige schon zu sagen pflegen :-) )vorerst also auf der Bank. YB begann sehr engagiert und setzte die Tessiner gleich unter Druck und nach 8 Minuten war Bellenz-Keeper Gritti bereits ein erstes Mal geschlagen, der Lupfer von Bienvenu landete aber an der Latte und der Nachschuss klärte ein Tessiner auf der Linie. Doch nur wenig später entwischte Bienvenu nach einem Abkick von Wölfli (!!!) der Bellinzona-Abwehr und liess auch den letzten Tessiner Feldspieler schlecht aussehen den er mit ein wenig Körpereinsatz wegspedierte und den Ball unhaltbar für Gritti in die Maschen drosch. Was für ein Auftakt in dieses Spiel. Und es ging in gleichem Stile weiter. Raimondi sah seinen Schuss von Gritti gehalten und Bienvenu sah kurze Zeit später seinen Abschluss erneut auf der Linie geklärt. Lulic und Raimondi auf den Seiten sorgten immer wieder für viel Wirbel und stellten die Tessiner ein fürs andere Mal vor grosse Probleme. Bellinzona kam kaum einmal vors Tor von Wölfli. Ausser kurz vor dem Seitenwechsel. Affolter verschuldete einen Freistoss knapp an der Strafraumgrenze und irgend ein Bellinzona-Spieler drosch den Ball in die Torwart-Ecke zum völlig unverdienten Ausgleich.

Danach YB bis zur Pause leicht geschockt und nicht mehr in der Lage den alten Druck wieder aufzubauen. Es war bereits wieder eine leichte Verunsicherung spürbar. Da kam die Halbzeit-Pause m.E. nicht ungelegen.
Doch meine Skepsis löste sich schnell in Luft auf. YB kam so aus der Kabine zurück wie man das Spiel begonnen hatte. Konzentriert, druckvoll und spielfreudig. Lulic setzte sich nach zwei Minuten gekonnt am rechten Flügel durch, bediente den im Strafraum lauernden Bienvenu, 1:2, so einfach geht das. Und die AC Bellinzona war nun zu keinem Zeitpunkt zu einer Reaktion fähig. YB beherrschte die Partie von A bis Z und liess keinen Zweifel mehr am Spielausgang aufkommen. Erst krönte Lulic seine Starke Leistung mit dem 1:3, ehe der kurz zuvor eingewechselte Mayuka nach erneut schöner Vorarbeit von Lulic das 1:4 markierte. Und in der Nachspielzeit verhinderte Thiesson dass auch Mayuka zu seinem zweiten persönlichen Treffer kam und bugsierte den Ball gleich selbst über die Linie. Das 1:5 war auch in dieser Höhe absolut verdient. Neuzugang Farnerud der rund 30 Minuten vor Schluss für den eher blassen Costanzo eingewechselt wurde, deutete sein grosses Potential schon mal an. Ballsicherheit, Präzision und körperliche Robustheit sind beeindruckend. An dem könnten wir noch viel Freude haben und wenn er dann wirklich Fit ist, sehe ich im Moment für Costanzo keinen Platz im Team. Gegen den FCZ nächsten Sonntag könnte er eventuell den leider nach seiner vierten gelben Karte gesperrten Lulic ersetzen aber sonst ist im Moment wohl eher kein Platz für ihn. Ebenfalls sehr erfreulich verlief das Comeback von Emiliano Dudar. Schon nur seine Präsenz verleiht unserer Abwehr eine gewisse Stabilität die uns in seiner Abwesenheit schlicht gefehlt hat.

Ein definitiv gelungener Auftakt auch wenn ich mal die Prognose wage, dass es Bellinzona wenn die so weiter machen erwischen wird...
Da der Extrazug eh komplett überfüllt war und die SBB Leute mit einem GA sogar aufgefordert hatte mit Regelzügen nach Bern zurück zu fahren machten wir das auch. Und mit dem lustigen Spiel vom Radio DRS 3 (A B C DRS 3) verging die Fahrt bis Luzern auch recht schnell. Dort dann prompt der doofen SBB-Hausordnung auf den Leim gegangen, mein Bierkauf scheiterte an dem allgemeinen Verkaufsstopp von Alkohol in sämtlichen SBB-Bahnhöfen nach 22 Uhr...Na toll da freut man sich auf ein Bierchen auch um das folgende runterzuspühlen und dann das...

Eine Hiobsbotschaft gabs davor aber aus Hamburg wo ich ja am nächsten Morgen früh hinfahren wollte. Aber der Reihe nach. Erst rief mich ein Bekannter Fan vom Fanclub Old Town an und meinte das Derby sei abgesagt. Da besagte Person aber bei übermässigen Alkoholkonsum gerne zu solchen Telefongesprächen und Scherzen neigt, glaubte ich ihm natürlich kein Wort bis mich 5 Minuten später die Obersüdzecke aus Hamburg anrief mit der gleichen Botschaft und dem Zusatz "kein Scherz" Unglaublich, der sogenannte "Weltverein" schafft es tatsächlich drei Tage vor einem Spiel und bei diesen Wettervorhersagen (Das Tief war seit Tagen angekündigt und gerade in Hamburg kann es halt im Februar durchaus auch mal regnen...) seinen Rasen auszuwechseln. Das dies nicht gut gehen kann, sieht wohl auch jeder der keinen grünen Daumen hat...Nun den ging es halt wieder nach Hause statt nach Hamburg.

Die Meldungen aus dem Viertel waren aber auch ohne Derby genug aufregend. Bereits noch auf der Rückfahrt aus Bellinzona erreichten mich diverse Meldungen wonach hunderte HSV`er versucht hätten das Jolly anzugreifen und nur dank beherztem eingreifen der Gäste des Jolly Roger dies nicht gelang. Die Polizei liess den Mob tatsächlich unbehelligt vom Hans-Albers-Platz bis vors Jolly latschen wo der Angriff wie erwähnt zum Glück abgwehrt werden konnte. Quasi als Dank dafür dass man die Arbeit der Bullen gemacht hatte wurden scheinbar die Leute die den Laden verteidigten auch noch von den anrückenden Grünen zusammengeknüppelt....Und während ich diese Zeilen tippe erreichen mich bereits wieder neue Meldungen aus dem Viertel wonach die Bullen im und am Jolly Personenkontrollen durchgeführt hätten "weil der Verdacht bestand dass sich Leute vor dem Jolly sammeln um eine Straftat zu begehen"...wie dreist kann man eigentlich sein? Zuerst den Laden nicht schützen, dann die Leute die sich gegen einen Angriff wehren zusammenknüppeln und dann am nächsten Tag jene die nur zum Schutz ihrer Kneipe (Weil es die Polizei ja offensichtlich nicht tut!!!) vor Ort sind noch schikanieren....Und die Presse springt schön auf den Zug auf. Statt das Kind beim Namen zu nennen (Obwohl das erstaunlicherweise sogar die Polizei in ihrer Pressemitteilung gemacht hat) und von den Angriffen der HSV`er aufs Jolly zu berichten, wird von "Schlägereien zwischen den Fanlagern" geschrieben...da ist man echt sprachlos...

Hier noch eine Pressemitteilung von Ballkult/Jolly Roger:

Fankneipe Jolly Roger Ziel von Angriffen

Wir stellen fest:

Am 05.02. gegen 22.00 Uhr griffen bis zu 200 Personen das Jolly Roger in der Budapester Straße an. Zuvor lief diese Gruppe unbehelligt vom Hans-Albers-Platz über Reeperbahn und Hein-Hoyer-Straße. Der Angriff konnte von vielen Menschen abgewehrt werden. Die Polizei erschien erst etliche Minuten später und ging zunächst mit Schlagstöcken gegen St. Pauli-Fans vor dem Jolly Roger vor. Hierbei wurden einige Gäste leicht verletzt.

Noch mehrfach in der Nacht wiederholte sich das Szenario, hier war die Polizei aber früher vor Ort. Im Gebiet zwischen Paulinenplatz und Reeperbahn kam es über Stunden zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und HSV-Fans. Hierbei wurden Autos und Scheiben von Lokalen in Mitleidenschaft gezogen. Zu keiner Zeit haben größere Gruppen von St. Pauli-Fans das Jolly Roger verlassen.

Um ca. 2.00 Uhr wollte eine Gruppe von 4 Menschen vom Paulinenplatz zum Jolly Roger gehen. In der Paulinenstraße wurden sie von behelmten Polizisten ohne Grund und ohne Vorwarnung angegangen und in einen Hauseingang gestoßen. Ein junger Mann wurde in Gewahrsam genommen. Eine junge Frau wurde von der Polizei zu Boden gestoßen. Hierbei wurden ihr beide Unterarme gebrochen. Die Aufforderung, einen Rettungswagen zu rufen, wurde zunächst ignoriert und ihr stattdessen geraten, sich ein Taxi zu rufen. Der später doch noch eintreffende Rettungswagen brachte die Frau ins Krankenhaus St. Georg, wo sie sich auch am heutigen Sonntag Nachmittag noch befindet und auf die notwendige Operation wartet. Der in Gewahrsam genommene Mann wurde am Morgen zeitgleich mit 4 HSV-Fans entlasssen. Ein Grund für die Maßnahme wurde bis jetzt nicht genannt. Die Betroffenen beraten derzeit rechtliche Schritte gegen die Polizei wegen Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung.

Um so entsetzter sind wir angesichts der Tatsache, dass noch in der Nacht auf der homepage einer großen Tageszeitung unter Berufung auf eine Polizeisprecherin zu lesen war, Gruppen von St. Pauli-Fans wären den ganzen Abend randalierend durch St. Pauli gezogen.

Wir fragen uns:

Wie kann es angehen, dass es einer großen Gruppe Angreifer gelingt, 700 Meter unter den Augen der Polizei in Richtung Jolly Roger zu laufen, um einen Angriff zu starten? Wir erinnern daran, dass dies auch bereits nach dem Derby-Hinspiel geschah.

Ist die Polizei Hamburg so unfähig oder steckt politischer Wille dahinter? Soll kurz vor der Wahl noch ein bisschen auf der Klaviatur der inneren Sicherheit gespielt werden? Warum werden offensichtlich gezielte Falschmeldungen gestreut, um St. Pauli-Fans zu diskreditieren?

Warum taucht der schlimme Vorfall mit der verletzten Frau in keinem Polizeibericht auf?

Für uns heißt dies, dass der Schutz unserer Läden und Einrichtungen nach wie vor selbst organisiert werden muss und wird.

Wir bedanken uns bei den vielen Menschen, die sich in der vergangenen Nacht solidarisch und angesichts der Provokationen der HSV-Einzeller besonnen verhalten haben.
Wir wünschen der verletzten Frau eine baldige und vollständige Genesung.

Wir fordern eine Aufklärung des erneuten polizeilichen Fehlverhaltens. An letzteres glauben wir allerdings nicht mehr, da nach dem Polizeiüberfall auf das Jolly Roger im Juli 2009 (!) immer noch kein Polizist zur Rechenschaft gezogen wurde.

Unser Mitgefühl gilt auch all den vielen Fans, die aus anderen Städten und Ländern (die weiteste Anreise hatten 2 Fans aus Australien) umsonst angereist sind und nun wie auch der FC St. Pauli auf den entstandenen Kosten sitzen bleiben, weil der „Weltclub“ vom Stadtrand es nicht auf die Kette bekommt, einen bespielbaren Rasen zu präsentieren.

Wir haben Euch was mitgebracht: Gras! Gras! Gras!

Jolly Roger/BallKult e.V.
Hamburg St. Pauli, den 06.02.2011


Viel mehr gibt es eigentlich gar nicht zu schreiben. Ich weiss nur eines. All diese Vorkomnisse werden die Fanszene des FC St.Pauli noch enger zusammenschweissen, Jolly Rouge, die Angriffe aufs Jolly, die auf politischen Gründen basierende Schikane der Hamburger Polizei, all das ist Wasser auf unsere Mühlen!

No Pasaran! Wir sind Sankt Pauli!

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