Montag, 23. November 2015

Montevideo / Club Nacional de Football - Club Atletico Peñarol 1-1

Am nächsten Tag fuhr also früh meine Fähre über das Delta des Rio Plata nach Montevideo, die Hauptstadt Uruguays.  Unter der Woche hatte Tony, der schon einige Zeit vorher nach Uruguay gefahren war, mich überzeugt auch ans bevorstehende Stadt-Derby zu kommen. Durch Zufall hatte er uns sogar schon Karten besorgt. In seinem Hostel in Buenos Aires, traf er einen Nacional-Fan der ihm versprach uns Karten zu besorgen. Was er dann auch tat. Schon manchmal lustig wie das Leben einem so Zufälle schickt :-)

Um Von Buenos Aires nach Montevideo zu fahren gibt es grundsätzlich zwei gute Möglichkeiten. Erstens man nimmt die direkte Fähre. Die Überfahrt dauert mit einem Schnellboot rund 2 Stunden 15 Minuten. Die günstigere aber längere Variante ist mit der Fähre nach Colonia zu fahren und von dort den Bus zu nehmen. Was 1 Stunde Fähre und 3 Stunden Bus durch den Tag bedeutet. Es gibt auch eine Nachtverbindung mit einem langsameren Schiff die dauert dann 3h Fähre und 3h Bus. Für die Hinfahrt hatte ich mich für die direkte Verbindung entschieden, damit Tony und ich noch etwas Zeit hatten um die Stadt zu erkunden, da am Spieltag nicht mehr so viel Zeit war. Für umgerechnet etwa 75 Franken zwar viel teurer als die Variante via Colonia, aber halt doch zeitsparend. Zurück buchte ich dann am Sonntag die Nachtverbindung welche um 1.15 Uhr nachts ab Montevideo mit dem Bus  nach Colonia ging und man dann gegen 7.30 Uhr morgens mit der Fähre in Buenos Aires war. Diese Fahrt war mit rund 21.- Franken sehr günstig. Leider gab es die am Freitag Abend für die Hinfahrt nicht.

Tony war bereits einen Tag früher nach Montevideo gereist und beschwerte sich am Freitag über das Hostel in welchem er gelandet war und ich eigentlich auch hin wollte. Nach kurzer Diskussion und Konsultation von Booking.com hatte ich Tony überzeugt und wir buchten uns ein nettes Hotel für umgerechnet vielleicht 28.- Franken pro Nase, wenn man das mit dem Hostelpreis von etwa 13.- vergleicht, das scheinbar laut Tonys Erzählungen wirklich übler als übel war, ein Schnäppchen. Wir trafen uns dann nach meiner Ankunft da, checkten ein und gingen dann in die Stadt um uns etwas umzusehen.

Wirklich wahnsinnig viel hat Montevideo nicht wirklich zu bieten. Einige sehr interessante Bauten, das Mausoleum des Staatsgründers am zentralen Platz, der Regierungssitz und die Strandpromenade Rambla.
Sehr schön ist auch in der Altstadt am Hafen die alte Markthalle in der nun zig Parillada-Restaurants angesiedelt sind, die mittags ihre gegrillten Spezialitäten anboten. Leider war die Halle am Abend geschlossen, als wir uns dort verköstigen wollten. Warum war uns aber auch schnell klar. In der Alstadt läuft am Abend nicht wirklich viel, sogar an einem Samstag nicht. Da es auch kaum Bars oder Restaurants gibt. Vermutlich spielt sich das Nachtleben in Montevideo wohl eher im Viertel rund um die Strandpromenade Rambla ab. Was wir leider aber zu spät erfuhren :-)

















Am Nachmittag gingen wir erst noch zum Busbahnhof, weil Tony seinen Bus für die Weiterreise nach Brasilien noch buchen musste. Dummerweise waren die beiden direkten Nachtverbindungen an seinen Zielort beide schon ausgebucht. So musste er eine Verbindung buchen, die ihn erst an die Grenze brachte und er dann da morgens um 6 Uhr zu Fuss über die Grenze musste um dann von der anderen Seite einen Bus zu nehmen. Kompliziert aber dafür scheinbar um einiges günstiger.
Da das Stadion vom Club Nacional de Football, das "Gran Parque Central" nicht weit vom Busterminal weg war, gingen wir dort noch kurz vorbei. Leider würde das Derby nicht dort stattfinden, da es schlicht zu klein wäre um die vielen Fans beider Vereine entsprechend mit Karten zu versorgen. Das Spiel fand deshalb im viel grösseren  "Centenario" statt. Ein überaus historischer Ort übrigens. Fand in diesem Stadion doch das erste WM-Spiel überhaupt statt. 1930 an der ersten WM fand das Eröffnungsspiel zwischen Uruguay und Peru dort statt. Darauf wird auch heute noch mit Stolz mit einer Innschrift am Dach der Haupttribüne erinnert.

Doch zurück zum Stadion von Nacional. Wie oft hier in Südamerika, liegt es inmitten eines Viertels und rund ums Stadion sind zig Wandbilder zu entdecken. Cristian, der Nacional-Fan der uns die Karten besorgt hatte, meinte zu Tony noch wir könnten uns drinnen sicher umsehen. Wir fanden auch prompt ein Tor welches offen stand. Aber als wir schon an der Treppe die auf eine Tribüne führte standen, pfiff uns ein Typ der angelaufen kam zurück. Die Begründung war das überall Kameras installiert seien und sofort die Polizei käme..Vielleicht hatte sie auch einfach Angst das Peñarol-Fans irgendwas im Stadion anstellen wollten. Er starrte jedenfalls mehrmals auf meine gelb-schwarzen Schuhe und das sind halt auch die Farben von Peñarol. Wie auch immer. So mussten wir uns halt mit dem drumherum begnügen, was aber auch einiges bot.








Nach dem wir doch recht viel gelaufen waren, überkam uns langsam der Hunger. So suchten wir uns ein Restaurant in der Nähe, assen etwas und tranken zwei Bier. Auch in Uruguay gibt es das Bier übrigens normalerweise gleich in der 1-Liter-Flasche. Ich finde das aber noch ziemlich gemütlich, wenn man sich dann ein Bier teilen kann. Wenn man aber alleine ist, kann es schon etwas hart werden wenn man denn gerne ein Bier hätte :-)

Zurück beim Hotel, überkam uns beide der Schlaf. Tony hatte wegen der Zustände im Hostel nicht wirklich viel geschlafen und bei mir war es nach der späten Rückkehr aus Lanus auch eher eine kurze Nacht gewesen. Die Sonne den ganzen Tag über und unser ausgedehnter Spaziergang durch die Stadt, taten ihr übriges. Nach etwa einer Stunde als die Sonne unterging, zog es uns dann doch noch mal in die Stadt. Zuerst beobachteten wir den herrlichen Sonnenuntergang an der Promenade direkt vor dem Hotel. Dann wollten wir uns wie oben bereits beschrieben in der schönen Markthalle (leider eben erfolglos) verköstigen. Wir fanden dann dort aber doch noch ein Restaurant welches offen hatte und ich hatte eins der besten "Milanesas" (paniertes Schnitzel) welches ich je hatte.

Am nächsten Morgen konnten wir uns das für Südamerikanische Verhältnisse echt leckere Frühstück im Hotel schmecken lassen. Auch wenn es etwas gewöhnungsbedürftig ist, einen Gemüsekuchen zum Frühstück zu essen :-) Aber auch die "Medialunas" (so was wie Croissants, einfach kleiner und viieel süsser, gibt sie aber auch ohne Honigüberzug :-) ) waren selbst gemacht und schmeckten hervorragend. Und es gab sogar noch frische Früchte. Auch etwas was man sonst eher nicht bekommt wenn das Frühstück inklusive ist.

Danach machten wir uns auf, noch schnell zur Rambla zu fahren (und wir sahen dann, das wohl eben dort mehr lief am Abend ;-) ) um noch schnell ein Foto zu machen bei dem berühmten Schriftzug "Montevideo" der so aufgestellt ist, dass man im Hintergrund den Stadtstrand und die Stadt sieht:





Da wir dann etwas knapp dran waren um Cristian am Busterminal zur verabredeten Zeit zu treffen, nahmen wir uns ein Taxi. Kostete zwar im Vergleich zum Bus ziemlich viel mehr, war aber mit umgerechnet 5.- Franken immer noch sehr günstig.

Wie so oft hier waren wir mit unsere Pünktlichkeit natürlich viel zu früh und wir hätten vermutlich auch locker den Bus nehmen können :-) Neben Cristian kam auch Daniel mit zum Spiel, ein Spanier den Cristian irgendwo in einem Hostel kennengelernt hatte. Lustigerweise waren Tony und Daniel in Brasilien auch schon für eine Nacht im selben Zimmer :-)

Zu Fuss machten wir uns auf zum Stadion. Bereits vorher war das bevorstehende Spiel überall in der Stadt allgegenwärtig überall Menschen in gelb-schwarz oder blau-rot-weiss. Auch hier wieder sehr viel, allerdings ziemlich entspannte Polizei. Die Fantrennung fand bis kurz vor dem Stadion nicht wirklich statt. Und das war auch weder vor noch nach dem Spiel wirklich nötig. Alles war ziemlich entspannt. Kann mir aber vorstellen dass dies auch anders aussehen könnte.

Das Stadion Centenario, welches die Heimstätte des grössten Vereins (auch wenn Nacional mehr nationale Titel gewonnen hat, was sie überall auch stolz verkündeten, auf T-Shirts, Fahnen usw.) Uruguays ist, hat sehr viel Charme. Alt, baufällig, aber einfach viel Flair, so wie ein Fussballstadion halt sein muss. Es ist auch das Nationalstadion in welchem Uruguay sämtliche Heimspiele bestreitet. Eine Stunde vor dem Anpfiff waren wir bereits im Stadion. Es lief noch das Junioren-Spiel zwischen den beiden Erzrivalen. Etwas was in Argentinien ebenfalls öfters mal vorkommt, dass die Jugendmannschaften direkt vorher gegeneinander antreten. Gab es früher noch im alten Wankdorf bei YB ja auch ab und an als die U21 quasi ein "Vorspiel bestritt. Eigentlich eine gute Sache.

Das Stadion schon zu dem Zeitpunkt gut gefüllt. Nacional als heutiges Heimteam bekam 2/3 der verfügbaren Plätze, Peñarol 1/3. Es dürften also rund 40`000 Nacional-Fans und rund 20`000 Peñarol-Anhänger im Stadion gewesen sein. Vielleicht etwas weniger, ganz ausverkauft war es wohl nicht. aber viele freie Plätze waren definitiv nicht auszumachen. Und die gelb-schwarzen hatten ihr Kontingent an Gästetickets garantiert ausgeschöpft. Ihr Sektor war proppenvoll. Nicht auszuschliessen das da noch ein paar hundert ohne Eintrittskarte drin waren.

Beide Kurven hatten zum Einlauf der Mannschaften tolle Intros vorbereitet. Wobei schon am Anfang auffiel, das die eigentlich klar in Unterzahl anwesenden Peñarol-Fans eine ziemlich beeindruckende Lautstärke entwickeln konnten. Auch das Intro der gelb-schwarzen konnte sich sehen lassen. Schön mit Pyro, gelben Luftschlangen und schwarzen Fahnen. Sah toll aus. (Und ja ich mag diese Farben halt sehr, machte sicher auch was aus :-) ) Aber auch auf der Heimseite ein wirklich beeindruckendes Intro, bei dem alle Bereiche mit Heimfans miteinbezogen wurden. Mit Luftballons, Luftschlangen und in der Kurve hunderte von Fahnen.












Das Spiel von Anfang an sehr intensiv, man merkte von der ersten Sekunde dass dies auch für die Teams kein normales Spiel war. Zu viel stand auf dem Spiel. Nicht nur weil es ein Derby war, sondern auch weil Peñarol  4 Runden vor Schluss nur mit 2 Punkten Vorsprung Leader war. Wer also nach diesem Spiel vorne sein sollte, hätte in den verbleibenden 3 Spielen alles in der eigenen Hand, da die anderen Mannschaften im Normalfall nicht wirklich mit den beiden grössten Vereinen mithalten können.
Nacional mit dem etwas besseren Start, Peñarol, angeführt von Diego Forlan (ehemals Atletico Madrid) hatte Mühe ins Spiel zu kommen. Auf den Rängen gaben sie aber klar den Ton an. Es war festzustellen, dass viele der "Heimfans" wohl aus ganz Uruguay zu diesem Spiel angereist waren. Auch Cristian wohnt nicht in Montevideo und fährt zu wichtigen Internationalen Spielen oder eben den Derbys an. Nacional ging dementsprechend auch verdient in Führung. Ein beeindruckender Torjubel.
Die Reaktion auf den Rückstand, kurzzeitig sehr heftig. für 5 Minuten konnte sich Nacional kaum mehr aus dem Strafraum befreien. Alle Abschlussversuche der Gäste wurden aber entweder geblockt, oder landeten in den Armen des starken Nacional-Keepers.
Nach der Pause änderte sich das Bild wenig. Nacional mit den zwingenderen Aktionen, verpasste es aber das wohl entscheidende 2-0 zu markieren. Und so kam es wie es in solchen Fällen oft kommt: Nach einem Fehler in der Abwehr gelang Peñarol der etwas glückliche Ausgleich. Was dann im Gästeblock los war, ist kaum zu beschreiben. Unfassbar. Minutenlang hörte man nur den in Exstase verfallenen Anhang von Peñarol. Wieder massiv viel Pyro, wie übrigens immer wieder während des Spiels.
Nacional konnte auf den Ausgleich nicht mehr wirklich reagieren, brachte keine wirklich guten Torszenen mehr zu Stande und so blieb es beim 1-1, welches der Peñarol-Anhang indes wie einen Sieg feierte.

Ein wirklich toller Fussballnachmittag ging zu Ende. Nach dem Spiel fuhr Cristian mit dem Bus ab dem Terminal heim. Tony und ich begleiteten Daniel noch in die Stadt zu seinem Hostel und gingen anschliessend noch was essen bevor wir jeweils unsere Busse für die Rück- respektive Weiterreise besteigen sollten. Die Rückfahrt war erst im Bus sehr angenehm, kaum sass ich drin, schlief ich auch schon. Die Busfahrt war allerdings nach 2 Stunden und 45 Minuten schon vorbei und wir kamen am Fährhafen von Colonia an. Ab da schlief ich leider keine Minute mehr. Nach der Grenzkontrolle  hiess es erst mal warten...(Die übrigens wie schon bei der Hinfahrt äusserst unkompliziert von sich ging. Sassen die jeweiligen Beamten der beiden Länder doch direkt nebeneinander, gaben sich jeweils den Pass gleich weiter nachdem der erste seinen Stempel in den Pass geknallt hatte)
Nach etwa 45 Minuten konnte man endlich die Fähre besteigen. Ich suchte mir einen Platz und wollte eigentlich weiterschlafen. Leider war daran nicht zu denken. Rund um mich rum war ein Schnarchkonzert im Gange wie ich es echt noch nie gehört hatte. Ich machte jedenfalls kein Auge mehr zu bis die Fähre in Buenos Aires anlegte. Dafür kam ich auf dem Aussendeck in den Genuss eines herrlichen Sonnenaufgangs. Auch nicht schlecht.






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