Samstag, 21. November 2015

05.11.15. Copa Sudamerica, Halbfinal Hinspiel, Club Atletico River Plate - Club Atletico Huracan 0-1


Am nächsten Tag durfte ich zum ersten mal seit längerem wieder ein gesundes Frühstück geniessen. Anna die uns am Vortag in die ESMA begleitete, hatte nämlich selbst Nature-Joghurt gemacht. Es gibt sowas nämlich in Argentinien schlicht nicht zu kaufen. Ich habe es zumindest bis jetzt noch nirgends gesehen und wenn es das selbst in einer Metropole wie Buenos Aires scheinbar nicht gibt…Zwar musste mich Anna um halb elf aus dem Tiefschlaf wecken (Rum-Cola am Vorabend, ihr erinnert euch ;-) ) aber das war es allemal wert für ein Frühstück mit Müesli, Früchten und frischem, selbstgemachten Naturejoghurt :-)
Der Tag war einer der ersten richtig warmen Tage seit ich in Argentinien angekommen war. Da Lüku immer noch im Tiefschlaf lag und das Wetter so toll war, beschloss ich mit Ayse, einer Bernerin die am gleichen Tag angekommen war wie ich und für eine Weile im Haus wohnen würde um an einer Sprachschule ihr spanisch zu verbessern, sowie Anna etwas rauszugehen. 
Gleich am alten Hafen (Puerto Madero) liegt vorgelagert das Naherholungsgebiet der Porteños. Ein grüner, ziemlich grosser Streifen entlang des Rio de Plata. (ja der Fussballverein ist nach dem Fluss benannt, einfach in Englisch)  Auch wenn ich Städte eigentlich sehr mag, tut es gut ab und zu wieder richtig im Grünen zu sein, abseits des Verkehrslärms, der Abgase und des Trubels. Ein schöner Flecken mitten in einer Grossstadt. Lüku hatte inzwischen mit Branda den Treffpunkt abgemacht.
Mit einer für argentinische Verhältnisse schon fast unüblichen Verspätung von 10 Minuten, kam …. schliesslich auf seinem Roller angerauscht. Er drückte mir den zweiten Helm in die Hand und fuhr mich die letzten Meter bis vor die Vorkontrolle. In Argentinien wird oft bei wichtigen Spielen ein Ring ums Stadion gebildet bei dem bereits ein erstes Mal das Ticket kontrolliert wird von der Polizei. (Ähnlich wie an WM oder EM teilweise) damit niemand ohne Ticket ins direkte Stadionumfeld gelangen kann. Weiter ging es zur Sicherheitskontrolle (ebenfalls durch die Polizei) und dann erst zum eigentlichen Einlass. Das Monumental ist eine beeindruckend grosse Schüssel, die heute immer noch über 65`000 Zuschauern platz bietet.Bei der Eröffnung 1938 waren es sogar noch fast 77`000 Plätze. Da wie üblich keine Gästefans zugelassen waren, konnte River sogar den Gästebereich verkaufen und ich denke es waren bestimmt gegen die 60`000 Zuschauer da. Schön auch das riesige Transparent gleich neben dem Gästeblock: "Sin Visitantes no hay Futbol" also "Kein Fussball ohne Gäste"



Auch hier war es übrigens überwältigend wie ich aufgenommen wurde. Da kommt ein Schweizer daher, dessen einzige Verbindung ein gemeinsamer Freund ist, und trotzdem wird man allen gleich sofort vorgestellt als „un Amigo de Suiza“ und von allen herzlich begrüsst. Auch nach dem Spiel fragten viele der Freunde von Branda ob es mir denn gefallen habe. Wirklich schön. Das wiedersehen mit Esteban, dem Taxifahrer welcher Lüku für mich bei der Ankunft an den Flughafen geschickt hatte, war schon fast stürmisch. Herzhaft lachend kam er auf mich zu und umarmte mich freudig :-)

Das Spiel dann erneut auf äusserst bescheidenem Niveau, aber das war für mich mittlerweile schon keine Überraschung mehr. Die Stimmung gleich zu Beginn atemberaubend, als zum Einlauf der Mannschaften wirklich das gesamte Stadion sang. Gänsehaut. Dies war aber leider der einzige wirklich krasse Moment. Auffallend war, das River Plate mit einem ganz anderen Stil ihre Lieder sang, als zum Beispiel San Lorenzo. Es war eher eine ruhigere und langsame Art. So kam nie wirklich en Roar auf. Das lag aber bestimmt auch am Spiel. River Plate spielte unglaublich schlecht, obwohl auch Huracan nicht wirklich auf der Höhe seiner Aufgabe zu sein schien. Trotzdem war das Führungstor für die Gäste verdient und River Plate hatte am Schluss noch Glück, nicht gar höher verloren zu haben. Wurde Huracan doch noch in der ersten Halbzeit ,ein in meinen Augen glasklarer Elfmeter verweigert und bei einem Konter in der Nachspielzeit trafen sie, nach einer feinen Einzelleistung, mittels eines schönen Hebers über den verdutzten Torhüter des Heimteams nur die Latte. So erstaunt es wenig, das bei einer solchen Leistung die Stimmung nicht in den Himmel wächst. Zwar möchte man anmerken, dass es sich doch um einen Halbfinal in einem internationalen Wettbewerb handelte. Aber River Plate hatte im Frühjahr die Copa Libertadores gewonnen und da ist eine Copa Sudamerica halt doch eher ein Klacks dagegen. Zudem war die bevorstehende Teilnahme an der Klub-WM in Japan allgegenwärtig und zeigte einmal mehr, welchen krass grösseren Stellenwert dieser in Europa doch eher am Rande beobachteten Wettbewerb in Argentinien beigemessen wird. So konnte die eher laue Stimmung also nicht wirklich überraschen. Wobei ich eben auch aus diesem Spiel einges mitgenommen habe. Geht es doch nicht immer um Lautstärke und Bewertung, sondern eben auch darum wie diese Leidenschaft gelebt wird und da konnte ich auch bei River Plate einige schöne Momente mitnehmen. Unvergessen die junge schöne Frau gleich hinter mir. Ohne zu übertreiben: Was die in diesen 90 Minuten geflucht hat war unglaublich. „Hicho de Puta“ war dabei noch einer der netteren Ausdrücke :-) „la concha de tu madre“ benutzte sie auch auffällig viel :-) (nein das übersetze ich jetzt nicht ;-) ) 









Nach dem Spiel war die Enttäuschung bei den River Plate Fans nicht derart gross wie man denken könnte, die vorherigen Einschränkungen zur Wichtigkeit dieses Spiels galten aber immer noch :-) Beim rausgehen verlor ich Branda zwar aus den Augen, aber Esteban der Taxifahrer war sehr besorgt um mich :-) Er und sein Vater bestanden darauf dass sie mich mit dem Auto zur Station fahren dürfen von wo mein Bus fahren sollte. Das konnte ich natürlich schlecht einfach so ausschlagen, obwohl ich wohl zu Fuss doppelt so schnell gewesen wäre :-) Es herrschte nämlich rund ums Stadion ein unglaubliches Verkehrschaos. Mit Ausnahme des Montevideo-Abstechers, der sicher auch noch mal einen längeren Bericht verdient hat, werde ich die weiteren Tage in Buenos Aires wohl in einem Eintrag zusammenfassen, da es eh fast ausschliesslich um Fussball geht :-)

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